
Jede Sorte Samen benötigt
andere Voraussetzungen
zum Keimen - für die meisten
ist das Frühjahr die richtige
Zeit zum Aussäen
Es ist wie ein kleines Wunder: Wochen- oder monatelang, manchmal sogar über Jahre, liegen Samen unverändert da. Aber plötzlich, wenn sie feuchte Erde spüren, werden sie prall, platzen auf und beginnen zu keimen. Bald werden sie zu zarten Sämlingen.
Pflanzensamen sind ein Geniestreich der Natur. Sie müssen nicht umgehend ins Leben starten, so wie die Embryonen von Mensch und Tier. Erst wenn die richtigen Bedingungen zum Start ins Leben da sind, legen sie los.
Eigentlich ist Aussäen einfach: Ein Topf oder eine Kiste mit feiner Aussaaterde füllen, die Samen nicht zu dicht darauf verteilen, mit etwa so viel Erde abdecken, wie die Samen dick sind, gut feucht halten. Trotzdem klappt es nicht immer mit dem Keimen. Jeder Samen hat sein genetisch festgelegtes Programm, das den Keimprozess auslöst. Davon abweichen kann er nicht.
Arten wie die Kokardenblume (Gaillardia), Mittagsgold (Gazania) oder Fleißige Lieschen (Impatiens walleriana) keimen am besten bei wohliger Zimmerwärme. Andere wie Ringelblumen, Duftsteinrich oder Sommerastern erwachen auch im kühleren Raum oder im Frühbeet. Wieder andere sind Kaltkeimer, manchmal auch noch als Frostkeimer bezeichnet. Die meisten Primeln, Laucharten und Sterndolden (Astrantia) müssen einen Winter erlebt haben, um sich zu rühren.
Am besten werden sie bereits im Herbst ausgesät und stehen den Winter hindurch draußen. Wer das versäumt hat, kann die Kühlphase auch in den Kühlschrank verlegen. Vier bis sechs Wochen bei Temperaturen zwischen plus vier und minus vier Grad Celsius reichen ihnen als „Winter». Danach darf es wieder wärmer werden.
Helligkeit ist der Schlüssel zur Keimung von Mohn, Rittersporn, Akelei und Nelken. Sie sind Lichtkeimer und dürfen nach dem Aussäen nicht mit Erde überdeckt werden. Der Grund: Helligkeit signalisiert dem Samen, dass der Boden offen ist und es keine Konkurrenz gibt. Notfalls warten sie Jahrzehnte lang auf ihre Chance, die manchmal erst dann kommt, wenn der Bagger für eine Autobahn-Verbreiterung Hänge abschiebt.
So sicher wie die Samen von Iris und Pfingstrosen in ihren dicken Schalen ruhen, so schwer hat es der Keimling, sie zu durchbrechen. Wer es ihnen erleichtern und die Keimung beschleunigen will, reibt die Samen in scharfem Sand oder mit feinem Schmirgelpapier ab. Saftiges Fruchtfleisch umgibt die harten Samen von Efeu, Wildem Wein und Eibe. Sie wollen von einem Vogel gefressen und dann an einen neuen Platz ausgeschieden zu werden. Angeätzt von den scharfen Magensäften, keimen die Samen rasch.
Wie lange die Keimung dauert, ist von Art zu Art verschieden. Mit nur zwei bis vier Tagen gehören die Sommernelken (Dianthus chinensis) zu den ganz Schnellen. Sommerrittersporn (Delphinium consolida) verlangt mit 18 bis 25 Tagen mehr Geduld. Hohe Anforderungen an Ausdauer und Zuversicht stellen Arten wie die Stechpalme, Seidelbast oder Schneeglöckchen, die nur zögernd, oft erst im zweiten Jahr keimen. Ihre Saatkisten dürfen nicht zu früh auf den Kompost wandern.